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Vom Jungenschaftler zum Ministerpräsidenten

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280 Männer fanden sich in der Zeltkirche in Sulz am Eck ein, um einen Vortrag des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Günther Beckstein zu hören.

Nach der Begrüßung von Uli Gerber vom Zelttage-Team, einem Grußwort von Bürgermeister Ulrich Bünger, Musikstück sowie dem ausgiebigen Wurstsalat-Vesper referierte Beckstein über christliche Werte in Gesellschaft und Politik. Zunächst gratulierte der langjährig in der Evangelischen Kirche aktive CSU-Politiker den Veranstaltern augenzwinkernd zu so einem großen »nicht gendergerechten Männervesper«. Im Laufe seines Vortrags stellte er heraus, dass er zwar eindeutig gegen jegliche Diskriminierung sei, aber in der Bildungspolitik sei der Wert einer dauerhaften Ehe viel wichtiger als die Vermittlung sexueller Vielfalt.

Als evangelischer Politiker im katholischen Bayern sei es nicht immer einfach gewesen. Ein Bild des Heiligen Antonius habe ihn aber während seiner politischen Karriere begleitet, um ihn daran zu erinnern, dass jeder Mensch dieselbe würde besitze: Ob armer Bettler oder mächtiger Innenminister mit Befehlsgewalt über fast 50.000 Polizisten. Um zu demonstrieren, dass er sich als Ministerpräsident aller Bayern verstehe, führte die erste Auslandsreise des evangelischen Franken ihn in den Vatikan. Und in seinem Amtssitz habe die Büste von Franz Josef Strauß dem Bettler Antonius weichen müssen.

Auf dem CVJM-Gelände »Braunjörgen« in Sulz fühlte sich der ehemalige Spitzenpolitiker zuhause: Er selbst wurde im Christlichen Verein Junger Menschen geprägt und leitete als 16-jähriger Jungenschaftler eine Jungschar. Die Menschenwürde ist unantastbar – diese Erkenntnis wurde von Christen in die Gesellschaft gegeben, erklärte Beckstein, und sie stehe uneingeschränkt allen zu: Alten, Dementen, Behinderten. Die hohe Zahl von Abtreibungen bezeichnete er als »sehr belastend« für unser reiches Land.

Auch dem Thema Flüchtlinge widmete sich der studierte Jurist. Es sei wichtig, jeden Flüchtling vor Ort würdig zu behandeln und ihm alle notwendige Hilfe zu geben. Integration und das Erlernen der deutschen Sprache hält er für unerlässlich. Trotzdem stehe der Gesinnungsethik eine Verantwortungsethik gegenüber – in diesem Spannungsverhältnis stehe ein Christ in jedem Beruf. Als Politiker müsse man sich bewusst machen, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen können. Hilfe in den Flüchtlingslagern vor Ort sei viel wertvoller und gerade da seien große Versäumnisse geschehen. Aus Sicht eines Innenpolitikers hat Angela Merkels Aufruf »Wir schaffen das!« und die nachfolgende Ankunft zigtausender Flüchtlinge ein sicherheitstechnisches Chaos erzeugt. Inzwischen hätte sich die Situation aber deutlich gebessert.

Beckstein sieht die überwiegende Mehrheit der Muslime als friedlich und gut integriert an, machte aber deutlich, dass einem politischen Islam mit aller Strenge begegnet werden müsse. »Nur wer das Grundgesetz achtet, hat das Recht, hier zu leben.«

Als Innenminister habe er oft schwierige Entscheidungen treffen müssen. Obwohl er es auch heute noch als richtig ansieht, Scharfschützen den Befehl zum Erschießen von Geiselnehmern gegeben zu haben, »weiß ich, dass ich schuldig geworden bin«. Als gläubiger Christ, wisse er, wann er Fehler gemacht habe, sei sich aber der Vergebung sicher, die der Tod Jesu am Kreuz den Menschen verspreche. Wie man als Christ in die Politik gehen kann, die ja so ein schmutziges Geschäft sei? Becksteins Antwort: Es sollen nicht nur Nichtchristen unser Land regieren.

Nach einem über einstündigem Vortrag und einer weiteren halben Stunde für Rückfragen bedankte sich das Publikum für die horizonterweiternden Gedanken mit einem kräftigen Applaus. Bei einem Gläschen Wein nahm sich Günther Beckstein noch viel Zeit für weitere Diskussionen am Tisch.

Besucher der Zelttage können den Vortrag in voller Länge als mp3-Datei herunterladen. Für den Download ist ein Passwort erforderlich, das im Zelt aushängt.

Zum Download der Vorträge.