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Baumhaus bauen statt Skispringen im Wohnzimmer

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Wie geht man gegen Gewalt und Mobbing vor? Michael Stahl ist für gewaltfreie Lösungen: Obwohl der erfahrene Bodyguard und Promi-Beschützer viele Kampftechniken beherrscht, sind diese für ihn nur eine Notlösung. Er habe noch nie einen Menschen schlagen müssen. Gesten zur Klärung konfliktbeladener Situationen oder verletzungsfreie Griffe zur Abwehr seien viel effektiver und führten meist zur Deeskalation. Selbstbewusstes Auftreten (fester Händedruck und ein Blick in die Augen des Gegenübers) und ein respektvoller Umgang miteinander seien die besten Methoden zur Mobbing- und Gewaltprävention. Darüber hinaus forderte Stahl die Schüler auf, Schwächeren zu helfen. Und den Mädchen empfahl er, ihre innere Schönheit zu entdecken, um sich von der Sucht nach Anerkennung unabhängig zu machen.

»Ich bin stark! Ich bin wertvoll!« war das Motto der Zelttage am Dienstag. Vormittags versammelten sich 60 Schüler der Klassen 3 und 4 der Grundschule Sulz/Gültlingen in der Zeltkirche auf dem Freizeitgelände Braunjörgen. In einem kurzen Vortrag machte der Security-Experte und Inhaber einer Sportschule Michael Stahl deutlich, dass er es viel wichtiger findet, wenn Kinder mit ihren Vätern Baumhäuser bauen, statt im Wohnzimmer mit der Spielkonsole Skispringen zu simulieren. Auch das Streicheln und Melken einer Kuh findet er viel wertvoller als den virtuellen Bauernhof im Landwirtschaftssimulator. Bei der Frage nach Computerspielen und Konsolen gingen die meisten Finger hoch. Stahl: »Wir haben früher auf der Gass gespielt – auch bei Regen.«

Man müsse Kinder etwas zutrauen: Der Schulweg solle nach Möglichkeit zu Fuß zurückgelegt werden. Sport und Spiel im Freien sind wichtig, damit Kinder Bewegungsfreude entwickeln können, stark und selbstbewusst werden. Es sei besser, auf Bäume zu klettern, als den ganzen Tag im Haus zu sitzen – oder Kinder mit Helm in der Wohnung Bobbycar fahren zu lassen. Immer wieder überspitzt und mit einer Prise Humor brachte der Ex-Bodyguard seine Botschaft auf den Punkt.

Den Lehrern erzählte er, dass er im Laufe seiner Berufserfahrung immer weniger Kinder erlebe, die einen Purzelbaum können. Anstatt selber Fußball zu spielen seien sie Experten in Computerspielen wie »FIFA World Cup«.

Mit verschiedenen Spielen zeigte Stahl mit seiner Kollegin Hilda Kaufmann den Schülern Körperbeherrschung und vertrauensbildende Maßnahmen.

Nachmittags sprach Michael Stahl vor 200 Schülern im Bildungszentrum, während Hilda Kaufmann mit einigen Mädchen aus dem Jugendtreff Selbstbehauptungsübungen machte. Mit Interesse waren die Jugendlichen dabei und fragten Stahl auch nach den Prominenten, die er beschützt hatte: Mohammed Ali, die Fußball-Nationalmannschaft, Dieter Bohlen und der Bruder von Papst Benedikt gehörten dazu. Als er für die Klitschko-Brüder tätig war, »haben sich wohl viele gefragt, wer hier wen beschützt.«

Am Abend sprach Michael Stahl in der Zeltkirche vor 400 Zuhörern über die Motivation für seine Arbeit: Es ist sein christlicher Glaube.

Mit Computerspielen könne man nicht die tiefe Sehnsucht von Kindern stillen, sondern nur, indem man Zeit mit ihnen verbringe. Man müsse – vor allem jungen – Menschen Wertschätzung entgegenbringen. Gegen Streit und Gewalt helfe die Liebe. »Es gibt 2,3 Millionen Anzeigen wegen Nachbarschaftsstreit, aber wir Deutschen wollen die Konflikte dieser Welt lösen.«

Michael Stahl hat viel Schlimmes erlebt: Sein alkoholabhängier Vater hat ihn abgelehnt und geschlagen, in der Schule wurde er gehänselt. Schließlich konnte er sich jedoch mit seinem Vater versöhnen. Die positive Kraft von Glauben und Versöhnung sind sein innerer Antrieb, deshalb wollte er sich schließlich auch nicht mehr den VIPs zu widmen, sondern geht in Kindergärten, Schulen, Gefängnisse, Altersheime und auf viele Veranstaltungen, um auf die Macht der Liebe hinzuweisen und für gegenseitigen Respekt zu werben.

Alles müsse man in Liebe tun. Kindern solle man nicht gleich Vorwürfe machen, sondern ihnen von eigenen Niederlagen erzählen. Man müsse ihnen zeigen, wie man damit umgeht, schuldig geworden zu sein. »Wie gut, dass ich Jesus habe. Meine Schuld und meine Fehler kann ich zum Kreuz bringen.«

Eines Tages hatte Michael Stahl die Nachricht eines schrecklichen Autounfalls erhalten und wusste nicht, ob seine Frau und seine Tochter überlebt hatten. »Gott kannst du in tiefster Not anrufen.« Erst nach zwei Stunden stellte sich heraus, dass seine Frau schwer verletzt, seine Tochter leicht verletzt überlebt hatten. Eine weitere Mitfahrerin war aber gestorben. Trotz dessen großer Schuld hat er dem Unfallverursacher vergeben, denn »Vergebung bewirkt auch Befreiung bei mir selber«.

Versöhnung sei ein noch viel weitreichenderer Schritt als die Vergebung: »Versöhnung heißt, wir gehören wieder zusammen.« Aus den Erfahrungen als Sohn, Vater und Ehemann hat für ihn die Liebe innerhalb der Familie höchste Priorität. Er ermutigte sein angerührtes Publikum: »Heute ist ein guter Tag, die Liebe auszusprechen.«